Freitag, 2. März 2018
UNDERWEAR OLYMPICS
Wenn sich junge, sportliche und durchtrainierte Männer in Unterwäsche den Scouts, Trainern und General Managern aller 32 NFL Teams präsentieren, dann ist der (oder die) NFL Scouting Combine im Gange. Oder die "Underwear Olympics", wie dieses jährliche Event Ende Februar bei den Amerikanern auch genannt wird.
Ehemalige College-Spieler, die für gut genug befunden und eingeladen wurden, versuchen sich in diversen mehr oder weniger relevanten Disziplinen von ihren Kontrahenten abzusetzen und bei den Entscheidungsträgern einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Aber inwiefern hat der Scouting Combine überhaupt Einfluss darauf, wie früh oder spät ein Spieler Ende April im Draft seinen Namen hört?
Auch dieser NFL Anlass in Indianapolis hat eine Entwicklung genommen, wie sie vor 20 Jahren wohl kaum für möglich gehalten wurde. Ähnlich dem NFL Draft an sich oder dem NFL Media Day in der Woche vor dem Super Bowl, hat sich der Scouting Combine zu einem absoluten Event verwandelt und als NFL Interessierter kommt man nicht mehr um ihn herum. Fans können selbst für das Bankdrücken Tickets erwerben und live dabei sein, wenn sich die Talente abmühen die 225 Pfund möglichst oft zu heben. Selbstverständlich kann das ganze Geschehen auch live auf NFL Network und online via Stream mitverfolgt werden.
Dieser Zugang zu einem einst intimen, der breiten Öffentlichkeit vorenthaltenen Event, führt zu einer Schwemme an Meinungen und Beurteilungen bis ins kleinste Detail. Dazu noch der Hype und die mediale Aufmachung, wie wir sie von den Amerikanern zugleich lieben und hassen, verleihen diesem Schaulaufen der vielversprechendsten, künftigen Pferde im NFL-Stall den Anschein, als gäbe es nichts wichtigeres.
Dem ist aber bei weitem nicht so. Der Scouting Combine ist lediglich ein Puzzleteil im Profil eines Spielers. Die Leistungen in den einzelnen Übungen (40 Yard Dash, Bench Press, Vertical Jump, Broad Jump, 3 Cone Drill, Shuttle Run und positionsbezogene Drills) dienen in aller Regel dazu, das auf dem College Tape gesehene zu bestätigen. Nicht mehr und nicht weniger.
Klar gibt es Ausnahmen, wenn ein Spieler wie John Ross einen neuen Rekord im 40 Yard Dash aufstellt oder ein anderer den Bench Press Rekord bricht, zieht er die Aufmerksamkeit der Scouts auf sich. Wenn zwei Spieler ähnlich eingeschätzt werden, kann eine bessere Leistung am Scouting Combine auch den Unterschied für die frühere Selektion im Draft ausmachen. Für die überwiegende Mehrheit geht es in den Übungen aber einfach darum, zu zeigen, dass man dazugehört und nicht negativ aufzufallen.
Auch wenn ein Spieler wie dieses Jahr Sam Darnold (QB, USC) oder in früheren Jahren etliche andere, beispielsweise Andrew Luck, sich dazu entscheiden, an gewissen Übungen nicht teilzunehmen, sollte man das nicht überbewerten. Keiner wird dazu gezwungen und um seine Wurfqualitäten zu demonstrieren gibt es für Sam Darnold ja auch noch den Pro Day (Workout am eigenen College in Anwesenheit von NFL Scouts) oder der Verweis auf Tapes der College Spiele.
Ein paar unangenehme Fragen diesbezüglich wird Sam Darnold in den privaten Interviews mit den Teams aber beantworten müssen. Ob er nicht kompetitiv sei, ob er vor dem direkten Vergleich mit anderen Quarterbacks angst habe und ähnliches. Bestimmt ist er auf diese bestens vorbereitet.
Und damit sind wir beim wichtigsten und uns vorenthaltenen Teil des Scouting Combines: Den Interviews. Die Gespräche mit den einzelnen Teams können ausschlaggebend sein, wenn es für diese darum geht, ob sie bei einem Spieler auch vom mentalen und charakterlichen Aspekt vollends überzeugt sind, bevor sie Millionen in ihn investieren.
Ebenfalls nicht zu vergessen ist der eigentliche Grund, warum der Scouting Combine einst ins Leben gerufen wurde. Um Geld und Zeit zu sparen hat man sich nämlich auf einen Ort geeinigt, an dem gleich alle Spieler für alle Teams medizinisch Untersucht werden können.
Die medizinischen Tests und die Interviews sind es, welche für die Teams von grösstem Interesse sind. Die sportlichen Leistungen auf dem Feld haben ihren Einfluss, sind aber eher Beigemüse.
Das heisst nicht, dass wir als Fans nicht unseren Spass beim Verfolgen des Geschehens haben dürfen und den Scouting Combine links liegen lassen müssen. Was wir zu sehen bekommen ist durchaus unterhaltsam, teils spektakulär und kann zu einigen interessanten Diskussionen führen.
Auch ich werde einschalten und gespannt zuschauen, wenn die Quarterbacks ihre Pässe werfen, wenn die Running Backs ihre Cuts machen, wenn die Wide Receiver Bälle fangen, wenn die Linemen "komisch" herumlaufen und die Defensive Backs ihre Wendigkeit zur Schau stellen.
Selbst im steten Bewusstsein um die geringe Bedeutung und dem richtigen Einordnen der Geschehnisse ist das für mich spannend und aufregend. Denn auch wenn es an richtigen Football nicht herankommt, schlägt es die Alternative dazu, die nämlich gar nichts wäre.
In diesem Sinne, viel Spass beim Verfolgen der Underwear Olympics.
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