Dienstag, 20. März 2018

Der seltsame Fall des NFL Vertrags



Irgendwann anfangs bis Mitte März eines jeden Jahres heisst es für die NFL "Happy New Year!". Es ist der Zeitpunkt, dieses Jahr war es der 14. März um 21:00 MEZ, an dem offiziell das neue Ligajahr beginnt.


Damit einhergehend werden alle Spieler mit auslaufenden Verträgen auf einen Schlag arbeitslos und die sogenannten Free Agents dürfen von allen Teams umworben werden. Gelockt werden die freien Agenten mit guten Erfolgsaussichten, Verbindungen zu Trainern und Spielern aber natürlich in erster Linie mit lukrativen finanziellen Angeboten.

Diese für Normalsterbliche, wie wir es sind, absurd hohen Summen und Vertragszahlen fliegen uns nur so um die Ohren, dass es einem schwindlig werden kann. "Free Agency Frenzy" (Frenzy = Rausch, Rage, Ekstase) wird die erste Phase passend genannt. In diesen hektischen paar Tagen kann man schnell den Überblick verlieren und wenn es darum geht diesen zu wahren, helfen die auf Klicks und Likes ausgerichteten Medien und FB-Accounts in der Regel auch nicht weiter.


Erste Zahlen werden ohne diese zu hinterfragen übernommen. Theoretisch sind sie meistens auch korrekt, denn dabei handelt es sich jeweils um den maximalen Wert eines Vertrags. Das führt zu spektakulären Schlagzeilen und emotionalen Reaktionen, wie doof ein Team sei und Spieler X so viel geben könne oder Spieler Y viel zu wenig angeboten habe.

Diese Maximalbeträge sind jedoch nicht einmal die halbe Wahrheit, sondern knapp mehr als ein Drittel, genau genommen 34% der Wahrheit. Mit NFL Verträgen verhält es sich ähnlich wie bei Benjamin Button: Die Gehälter werden nicht grösser, das Gegenteil ist der Fall. Je mehr Zeit vergeht und je mehr Vertragsdetails bekannt werden, desto kleiner werden die Zahlen.

Das liegt daran, dass NFL Verträge nur teilweise garantiert sind. Ist anfangs nur der Maximalwert bekannt, erfährt man immer wie mehr Details: Wie viel des Gehalts ist "garantiert" und wie viel des garantierten Anteils landet bei Vertragsunterschrift auf jeden Fall auf dem Konto des Arbeitnehmers.


Garantiert bedeutet nicht vollständig garantiert. Klingt komisch, ist aber so. Die garantierte Summe verteilt sich in den meisten Fällen auf mehrere Jahre. Das Gehalt in einem späteren Jahr ist aber erst dann garantiert, wenn der Spieler zu diesem Zeitpunkt noch im Kader steht. Eine Garantie heisst somit keineswegs, dass der Spieler die bestimmte Summe in zwei Jahren auch erhält, bis dahin kann vieles passieren.

Deshalb sieht man kurz vor Beginn des neuen Ligajahres auch so viele Cuts (Entlassungen), restrukturierte Verträge und/oder Einigungen über Gehaltskürzungen. Die Teams sitzen am deutlich längeren Hebel.

Zu 100% sicher ist lediglich der zum Zeitpunkt der Unterschrift ("Guaranteed at Signing") festgelegte Betrag, den der Spieler selbst dann erhält, wenn das Team ihn am nächsten Tag entlässt. Das ist meist das Grundgehalt (Base Salary) des ersten Vertragsjahres und der Unterschriftsbonus (Signing Bonus).


Dazu eine Statistik von Spotrac. Eine Webseite, die sich mit Sportverträgen, Salary Cap und weiteren finanziellen Aspekten diverser Profiligen befasst. Diese kommt nach Analyse aller mit Free Agents abgeschlossenen Verträgen zu folgendem Ergebnis: Über die letzten drei Jahre waren bei Vertragsunterschrift nur 34% des Lohns vollständig garantiert.

Ein Beispiel gefällig? CB Richard Sherman. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Der etwas in die Jahre gekommene Superstar, der gerade erst zwei Achillessehnen-Operationen über sich ergehen lassen musste, erhält von den San Francisco 49ers einen Vertrag für sagenhafte 28 Millionen US Dollar! Wie krass! Wow! Fantstisch! Überbezahlt! Dumm!

Schnell stellte sich heraus, dass es sich in Tat und Wahrheit um einen Einjahresvertrag handelt. Die San Francisco 49ers können ihn nach dieser Saison ohne gravierende Langzeitfolgen für den Salary Cap entlassen, wenn sie mit Shermans Leistung oder Verhalten unzufrieden sind. Lediglich sieben Millionen des Vertrags sind garantiert. Bei Vertragsunterschrift sind es sogar nur drei Millionen.


Wenn also wiedermal Breaking News über einen hochdotierten Vertrag auf eurem Bildschirm landen, nehmt diese mit dem Wissen im Hinterkopf zur Kenntnis, dass es sich um den praktisch nie eintretenden, absoluten Optimalfall handelt. Zugesichert und vollständig Garantiert wird es markant weniger sein.

Hinter NFL Verträgen steckt immer mehr. Und immer auch Wege, wie Teams ihre Spieler aus dem Vertrag entlassen können, ohne dass sie auch nur ansatzweise das Maximalgehalt bezahlen müssen.


Wobei dies seit Kurzem auch nicht mehr gänzlich stimmt. QB Kirk Cousins hat letzte Woche als erster Spieler überhaupt einen komplett garantierten Vertrag über drei Jahre unterschrieben. Er erhält für seine Dienste ohne Wenn und Aber 84 Millionen US Dollar.

Damit ist er eine Art Wegbereiter für Quarterback Berufskollegen. Sehr wahrscheinlich nur für sie. Aufgrund ihrer Wichtigkeit ist es durchaus denkbar, dass wir vermehrt solche Beträge zu sehen bekommen. Aaron Rodgers und Matt Ryan, die als nächste grosse Quarterback-Namen neue Verträge erhalten, werden sich bestimmt nicht über den Deal von Cousins mit den Minnesota Vikings aufgeregt haben...

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